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Einzigartiges Frauen-Eliteturnier in Norwegen

Einzigartiges Frauen-Eliteturnier in Norwegen

Der Auftakt des Eliteturniers der Frauen von Norway Chess war ein großer Erfolg. Erfahre in diesem Artikel alles über die schachlichen Höhepunkte des Turniers.

Die amtierende Frauenschachweltmeisterin GM Ju Wenjun hat das erste Norway Chess Frauenturnier überhaupt gewonnen. Bild: mit freundlicher Genehmigung von Norway Chess/Stev Bonhage.

Zwei separate Schachturniere – ein offenes und ein Frauenturnier – am gleichen Spielort, zur gleichen Zeit, im gleichen Format und mit gleichem Preisgeld! All das war vom 27. Mai bis zum 7. Juni in der Stadt Stavanger im Südwesten Norwegens zu sehen.
Zum ersten Mal in der Geschichte des Elite-Schachturniers Norway Chess wurde dieses Jahr zum bereits bekannten und etablierten offenen Turnier ein Frauenturnier veranstaltet. Dieses war nicht nur für die teilnehmenden Spielerinnen bei weitem lukrativer als andere Frauenturniere, sondern auch in sportlicher Hinsicht ein großer Erfolg. Die Zuschauer:innen sind auch nicht zu kurz gekommen, denn es gab reichlich spannende Momente auf den Brettern.

Mit am Start waren folgende Schachgroßmeisterinnen:

  • Ju Wenjun (China): Mehrfache Frauenweltmeisterin und Nr. 2 der Welt (Frauen)*.
  • Lei Tingjie (China): Herausforderin von Ju Wenjun 2023 und Nr. 3 der Welt (Frauen)*.
  • Humpy Koneru (Indien): Nr. 1 in Indien und Nr. 5 der Welt (Frauen)*.
  • Anna Muzychuk (Ukraine): Mehrfache Blitz- und Schnellschach-Weltmeisterin und Nr. 10 der Welt (Frauen)*.
  • Vaishali Rameshbabu (Inden): Frischgebackene GM und Nr. 13 der Welt (Frauen)*.
  • Pia Cramling (Schweden): Schwedische Schachlegende und Nr. 26 der Welt (Frauen)*.

*Stand FIDE Top 100 Women Classical Rating List Mai 2024 (https://ratings.fide.com/toparc.phtml?cod=786)

Die schwedische Schachlegende Pia Cramling mit Weiß gegen die jüngste der Muzychuk-Schwestern, Anna. Bild: mit freundlicher Genehmigung von Norway Chess/Stev Bonhage.

Seit 2019 verwendet das Norway Chess ein etwas anderes Punktesystem, als wir es normalerweise von klassischen Turnieren kennen mögen:

  • Für den Gewinn einer klassischen Partie gibt es 3 Punkte.
  • Für die Niederlage in einer klassischen Partie gibt es 0 Punkte.
  • Für ein Unentschieden in der klassischen Partie und ein Gewinn im Armageddon (eine Art von Tiebreak) gibt es 1½ Punkte. Für ein Unentschieden in der klassischen Partie und eine Niederlage in der Armageddon-Partie gibt es jedoch 1 Punkt.
  • Ein Remis in der klassischen Partie und eine Niederlage in der Armageddon-Partie bringen ebenfalls 1 Punkt.

Das Turnier gewann die amtierende Frauenschachweltmeisterin GM Ju Wenjun, gefolgt von GM Anna Muzychuk mit einem langersehnten Erfolg seit ihrer Flucht aus der Ukraine. Auf dem dritten Platzt spielte sich GM Lei Tingjie. GM Vaishali Rameshbabu endete auf dem vierten Platz, gefolgt von ihrer Landeskameradin GM Humpy Koneru. GM Pia Cramling belegte den sechsten und somit letzten Platz.

Nun zu einem neben den schachlichen Leistungen äußerst wichtigen Merkmal und ausschlaggebenden Punkt dieses Turniers: die gleichen Preisgelder für das offene als auch für das Frauenturnier (in norwegischen Kronen).

  • Die Gewinnerin Ju Wenjun mit stolzen 19 Punkten (und 0 Niederlagen!) bekam 700,000 NOK.
  • Anna Muzychuk reiste mit 350,000 NOK und 16 Punkten im Gepäck schon zum nächsten Turnier.
  • Lei Tingjie bekam für ihre Leistung von 14,5 Punkten 200,000 NOK.
  • 170,000 NOK gingen an Vaishali Rameshbabu mit 12,5 Punkten.
  • 10 Punkte brachten Humpy Koneru 150,000 NOK
  • Pia Cramling musste sich als letzte mit 8 Punkten mit 120,000 NOK vergnügen.

Im Folgenden findet ihr meine persönliche Auswahl an taktischen Meisterzügen und lehrreichen Momenten der Schachpartien dieses 1. Norway Chess Frauenturniers:

Humpy Koneru-Vaishali Rameshbabu 1-0, Armageddon Runde 10, 7. Juni 2024:

Die indische Großmeisterin Humpy Koneru spielte im 36. Zug dieser Partie mit knappen zwei Minuten auf der Uhr 36…Tf5+!, wonach die ebenfalls indische Großmeisterin Vaishali Rameshbabu sofort aufgab. Kannst du erkennen, warum?

Koneru stand schon seit 32.Dd4+ klar auf Gewinn, nach diesem Zug ließ sie ihrer Gegnerin jedoch nur eine Wahl zwischen aufgeben und sich mattsetzen zu lassen, denn Weiß kann hier nur 37.gxf5 spielen und danach kommt schon ein cleveres Matt mit 37…Dg7#.

Pia Cramling-Ju Wenjun½-½, Runde 3 Klassisch, 29. Mai 2024:

Im ganzen Norway Chess Frauenturnier gab es wohl kaum einen schmerzhafteren Moment, als den, wo Anna Cramling (Pia Cramlings Tochter und bekannte Schachstreamerin) vor laufender Kamera den verlorenen Gewinn ihrer Mutter tatenlos zuschauen musste. Denn nach Wenjun´s fatalen Fehler 49…Sxe3?? hätte Cramling mit 50.Sf5+ (und sogar noch wenig Zeit auf der Uhr) die Partie mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen können. Das wären wertvolle Punkte für die Schwedin gewesen, die am Ende des Turniers auf der Tabelle gefehlt haben.

Nach Cramling´s möglichem 50.Sf5+ hätte Schwarz höchstens versuchen können, mit 50…Sxf5 das Spiel zu retten und in ein Springer-Turm-Endspiel ihr Glück auf ein Remis zu versuchen. Weiß hätte dann nach 51.Txc2 Kg6 oder 51…Kf7 alle Chancen, mit der Schwerfigur das Spiel zu gewinnen. Ein kleiner Trost für die schwedische GM (aber sicherlich eine große Erleichterung für Wenjun) war, dass das Spiel doch noch mit einem Remis endete, nachdem beide Spielerinnen ihre Türme ausgetauscht hatten und somit das Endspiel ausgeglichen war.

Die erfahrene chinesische Meisterin 2017 Lei Tingjie spielt mit Weiß gegen Vaishali Rameshbabu, die jüngste Spielerin des Turniers. Bild: mit freundlicher Genehmigung von Norway Chess/Stev Bonhage.

Lei Tengjie-Humpy Koneru 1-0, Runde 8 Klassisch, 4. Juni 2024:

Der Zug 61…Kd2? von GM Humpy Koneru kostete ihr diese klassische Partie und somit 3 wertvolle Punkte. Kannst du sagen, warum dieser kleine Schritt des schwarzen Königs Weiß direkt in die Karten – oder Figuren – spielt? Der beste Zug für Schwarz wäre hier 61…Te7+ gewesen, um die Stellung auszugleichen und Weiß zum Remis mit einem Dauerschach zu überreden mit 62.Kg8 Te8+ 63.Kg7 Te7+ oder 62.Kh6 Te6+ 63.Kg7 Te7+. Weiß hatte auch die Möglichkeit – jedoch mit sehr wenig Zeit auf beiden Uhren verbleibend und eine objektiv ausgeglichenen Stellung – weiterzuspielen mit 62.Kg6 Te8 63.Kf7 Tc8. 

Nach Koneru´s Fehler bot sich jedoch das starke 62.Th1! an (immer noch gut, aber wesentlich schwächer ist 62.Tg1). Schwarz hatte hier schon keine guten Züge mehr zur Verfügung, um die Umwandlung des h7-Bauers zu verhindern. Koneru spielte mit 62…e2 weiter und jetzt 63.h8=D Txh8 64.Kxh8 (wichtig hier mit dem König zu schlagen, sonst macht sich Weiß selbst ihre Anstrengungen zu Nichte und steht plötzlich auf Verlust). Im 66. Zug gab die Inderin die auf, als ein Matt nicht mehr zu verhindern war.

Anna Muzychuk-Pia Cramling 1-0, Runde 5 Klassich, 1. Juni 2024:

GM Pia Cramling hatte bereits mit 32…Td3?! ihre Stellung geschwächt, aber mit 64…Lc3?? rutschten ihr definitiv alle Chancen auf einen Punkt in dieser klassischen Partie gegen die ukrainische GM Anna Muzychuk durch die Finger. Die Idee dahinter ist, dem schwarzen Springer das Feld b7 frei zu machen, leider stellte sich diese Strategie aus folgendem Grund für Schwarz als fehlerhaft heraus: 35.Txa5 Sb7 (hier führt Cramling ihre Idee aus) 36.Ta7 Kc7 37.Lc4 Td2 spätestens jetzt bei 38.Lf8 ist die gewonnene Stellung für Weiß zu erkennen.

Muzychuk dominierte das Brett mit ihren Figuren und Cramling verlor bald erzwungenermaßen weitere Bauern. Nach einem langen Kampf gab die schwedische GM im 52. Zug in einem unterlegenen Endspiel auf. Mit ihrem souveränen und direkten Spiel in dieser Partie befestigte Muzychuk schon nach der 5. Runde ihre Position auf dem 2. Platz der Rangliste.

Die 37-jährige Inderin Humpy Koneru gegen Weltmeisterin Ju Wenjun. Bild: mit freundlicher Genehmigung von Norway Chess/Stev Bonhage.

Alle Partien des (Frauen)Turniers könnt ihr euch selbstverständlich online anschauen, durchspielen, analysieren und gerne drüber staunen!

Erfahre mehr über Norway Chess auf: https://norwaychess.no/en/players-2024/

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Journalistin, Schriftstellerin & Schachspielerin

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